Freitag, 29. März 2013

Eigentum ist Diebstahl! Die letzten Kommunisten Europas

Sie lesen Marx und Engels, lieben die Farbe Rot und wollen den Reichen ans Leder - dass sie dabei den schmalen Grat zwischen Demokratie und stalinistischer Diktatur nur allzu gerne verlassen ist so sicher wie das Amen im Gebet: Diese Worte reichen aus, um sich als Durchschnitts-Europäer das Bild des gemeinen Kommunisten zusammenzuzimmern. Wer aber sind diese Menschen, wie ticken sie und wie viele gibt es von denen? Ist die Ideologie, die in früheren Zeiten die Weltpolitik wie keine andere mitbestimmte out und wo feiert der Kommunismus seine Widerauferstehung? Diesen Fragen geht hunderl.at im zweiten Teil des politischen Faktenchecks beim Besuch der letzten Kommunisten Europas zwischen Portugal und dem Bosporus nach.

Der letzte Kommunist: Dimitris Christophias


Falscher Häuptling: Europa-Chefin Gabi Zimmer.











Wer bei den Kommunisten in Europa einen Häuptling sucht, wird nicht fündig: Gabi Zimmer aus Berlin führt zwar die Fraktion der europäischen Linken an, fällt aber gleich aus zwei Gründen durch das Suchraster. Einerseits ist sie eine Frau und andererseits ist sie Mitglied der Linkspartei, die zwar aus Relikten der kommunistischen DDR-Partei entstand, jetzt aber betont nichts damit zu tun haben zu wollen.  Jedenfalls: Als letzter Kommunist wird ganz gerne Dimitris Christophias bezeichnet, der von 2008 bis 2013 Präsident von Zypern war. Er stammt aus einer Arbeiterfamilie und  studierte in der Sowjetunion, wo er seinerzeit auch mit der Idee des Kommunismus sozialisiert wurde, nicht aber der leninistisch-stalinistische Auspägung mit Diktatorentum huldigte. Er galt als großer Pragmatiker und hatte sogar weniger Probleme damit, dass viele russische Oligarchen und andere Steuerflüchtlinge aller Herrenläder ihre Millionen in zypriotischen Banken parkten. In wiefern diese Praxis mit der von den Kommunisten so verteufelten neoliberalen, ökonomisierten und hedonistischen Lebens- und Regierungsweise zusammenhängt sei dahingestellt. Im Gegensatz zu westeuropäischen Staaten wie beispielsweise Deutschland (0,0 Prozent im Jahr 2009) haben kommunistische Parteien in den ehemaligen Ostblockstaaten ein wesentliches Gewicht in den Parlamenten. So hält die kommunistische Partei Tschechiens (Komunistická strana Čech a Moravy) bei 11,3 Prozent der Stimmen. Ausnahmen: Im österreichischen Graz ist die KPÖ mit 20 Prozent im Stadtparlament und in Ungarn grundelt die Ungarische Kommunistische Arbeiterpartei bei 0,11 Prozent der Stimmen (2010).

Was aber zeigen diese Beispiele: Es kann angenommen werden, dass das Bild des gemeinen Kommunisten durchaus schwerer zu zeichnen ist, als so mancher vermutet. Stalinistisches Diktatorentum hat in den Parteiprogrammen der Kommunisten im 21. Jahrhundert laut hunderl.at-Stichprobe keinen Platz mehr -zumindest bei den kommunistischen Parteien der EU-Länder. Wenn es darum geht, Macht zu bekommen oder zu erhalten, sind auch ideologische Seitensprünge - Stichwort Zypern - durchaus legitim. Auch der Parteiname mit dem Wortlaut "kommunistisch" ist bei vielen Exponenten dieser Fraktion nicht beliebt. So erwägt sogar die österreichische KPÖ - eine der ältesten kommunistischen Parteien der Welt - bei den kommenden Parlamentswahlen als "Linke" anzutreten. "Die Linke in Deutschland hat gezeigt, was möglich ist", sagt Didi Zach, Chef der Wiener Kommunisten in einem Interview mit der Wiener Zeitung. 

Dass die Kommunistenparteien Künstler anziehen wie die Motten das Licht beweist nicht nur Bert Brecht. Auch die KPÖ freut(e) sich über prominenten Parteimitglieder wie Kurt Palm oder Sigi Maron.




Isst du Schwein, darfst du rein! hunderl.at schaut sich bei den Rechtspopulisten um und leistet so seinen Beitrag zur Politischen Bildung



Mittwoch, 13. März 2013

Politischer Faktencheck: Wie viel Strohsack steckt in Pepe Grillo?



Der hunderl.at Chefredakteur ist auch profunder Politologe
Obwohl sich hunderl.at nur bedingt als seriöses Politainment-Medium versteht, wird es dieser Aufgabe immer gerechter, denn: knallharte Analysen, Statements oder tiefgreifende Berichte über die globale Politlandschaft sucht man derzeit wie die Nadel im Heuhaufen. Ein Service, nach dem eine politaffine, urbane und freidenkende Gesellschaft lechzt, wie ein Marathonläufer nach einem Schluck Bier.

Aus diesem Grund hat sich hunderl.at entschieden, sich diesem Service anzunehmen. Kompetenzen für das Angehen dieser Aufgabe sind selbstverständlich vorhanden - ist doch unser Chefredakteur auch profunder Politologe, Opinion Leader und Trendforscher. Erster Station wird ein Check der populistischen Bewegung in Europa sein - genauer gesagt die Bewegungen rund um Pepe Grillo (Italien) und Frank Stronach (Österreich). Was eint sie? Was trennt sie? Was sind ihre Ziele und worin liegt ihr Impetus? Eines ist schon im Vorhinein in beiden Fällen unbestritten: Beide sind charismatische Führungspersönlichkeiten und wollen nur zu gerne selbst bestimmen, wie sich ihre Bewegung entwickelt, wer mitmacht und was das beste für eine Gesellschaft ist, die sie mitgestalten wollen. Das wäre am ersten Blick wohl die erste Gemeinsamkeit. Was aber trennt sie? Der austrokanadische Stronach wird als Wirtschaftsmagnat bejubelt der Unmengen an Geld besitzt. Laut Forbes 1,2 Milliarden Dollar. Das wären bei derzeit neun Millionen Österreicher rund 750.000 Dollar pro Person oder eben 75.000 Portionen Wiener Schnitzerl pro Einwohner. (hunderl.at geht davon aus das ein Bröselfetzen im Gasthaus rund 10 Dollar kostet) Diesen Vorteil hat Grillo nicht: Er übt den Brotberuf des Komikers aus. Trotzdem deklarierte der Mann mit dem wallenden weißen Haar und dem Vollbart schon 2005 etwa 4,3 Millionen Euro als zu versteuerndes Einkommen. In Pizzas ausgedrückt wären das 716,6 Pizzas, die Grillo mit seinem Vermögen jedem der 60 Millionen Italiener spendieren könnte. Somit ist auch er  keiner, der die Butterseiten des Lebens nur vom Hörensagen kennt.

1. Franz Strohsack alias Frank Stronach


Alter: 80
Lieblingsspruch: "Werte - Nicht!?"

Seit Bekanntwerden im Jahr 2012, dass der ausgewanderte Steirer Ambitionen hat, in die Bundespolitik einzusteigen, dauerte es nur wenige Wochen und Umfragen bescheinigten ihm schon zehn Prozent bei den Nationalratwahlen. Die Saat ging auf: 11,26 Prozent der Stimmen bei den Landtagswahlen 2013 in Kärnten und 9,83 Prozent in Niederösterreich. Die Mär vom 80-jährigen Nachwuchspolitiker ging mehrmals durch die Medien und Stronach geniesst derzeit den Aufsteigerbonus - zu Lasten der rechten Populisten von der FPÖ, die in Tagen wie diesen mit einer Krise zu kämpfen haben. Das Interessante: Mit wenigen Ausnahmen (Spitzenkandidat Gerhard Köfer in Kärnten oder dem Munkeln um Ex-Nationalteam-Keeper Otto Konrad in Salzburg) finden sich auf Stronachs Parteiliste nur wenige klingende Namen, die helfen können, den Wähler an die Urne zu locken. Auch das Parteiprogramm ist inhaltlich nicht unbedingt tiefgehend und als 31 Seiten starkes pdf zum Download verfügbar. Wie viele Wähler, Kritiker usw. dieses Service auch nutzen, kann hunderl.at nicht beantworten. Jedenfalls soll alleine schon die Parteigründung - um es mit den Worten von Fränk Stronach auszudrücken - "in die Geschichte der Welt eingehen." Von Inhalten war an diesem Tag aber keine Rede. Fest steht jedoch: Fränk ist "der" Mittelpunkt darin. Ein Artikel im Profil  spricht von einem regelrechten Führerkult, dem die Mandatare im Team Stronach verfallen sind. So spricht darin Klubchef Robert Lugar: „Ich bin dort, wo Stronach mich braucht. Das hängt von ihm ab, was er mit mir vorhat. Ich gehe aber davon aus, dass Stronach mindestens 100 Jahre alt wird." Und: Wer ins Team geholt wird, das bestimmt der Chef. Wer aber wählt diesen Mann?  Laut Politikwissenschaftler männlich, frustriert, antiintellektuell und früher FPÖ-Fan. Wie es demnach mit dem Führerkult in Fränks Fangemeinde ausschaut kann tendenziell nicht seriös beantwortet werden.

2 . Pepe Grillo




Alter: 64
Lieblingsspruch: "Leckt mich!"

Ganz anders als der Wirtschaftsmann Frank Stronach setzt Komiker Pepe Grillo - er erreichte bei den Wahlen in Italien 25 Prozent - auf das Internet und seinen Mobilisierungscharakter. Wie auch bei Stronach war sein Weg in die Politik mit Frust auf die regierenden Machthaber und deren Lobbies begründet. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass auch er seine 5-Sterne-Bewegung (Name der Partei) als politisches Zukunftsmodell sieht. Anders als Stronach haben er und seine Leute bereits Erfahrungen im Bereich des Regierens sammeln können: So stellt seine Bewegung unter anderem den Bürgermeister in der Stadt Parma und sitzt in diversen Regionalparlamenten. Seine Anhänger - Grillini genannt - sind ebenso wie die Stronach-Gefolgschaft nicht mit der Politik in ihrem Land zufrieden. Im Unterschied zur Stronach-Bewegung rekrutieren sich die Parlamentarier von Grillo aber nicht aus diversen Hinterbänklern mehr oder weniger etablierter Parteien, sondern sammlen bei ihrem Engagement großteils erste politische Erfahrungen. Von diversen Medien werden die Grillinis aufgrund ihrer demografischen Merkmale gerne mit Mitgliedern neuerer Parteien wie der Piratenpartei und sogar den Grünen verglichen. Sie gelten als jung, verfügen über einen höheren Bildungsgrad und entstammen oftmals diverser Protestbewegungen wie occupy und dergleichen. Wie sieht es aber mit dem Führerkult rund um Grillo aus? Ja, wie in der Stronach-Partei bestimmt auch Grillo, wo es bei der 5-Sterne-Bewegung langgeht. Er gilt als despotisch und Chef, dessen Meinung nicht unbedingt hinterfragt werden soll. Im Unterschied zu Stronach, der mit monetären Mitteln  wie Inserate in Medien um die Aufmerksamkeit der Wahlberechtigten buhlt, hat Grillo diese schon: 800.000 twitter-Follower und mehr als eine Million Fans im Facebook. Ach ja: auch im Punkto EU sind Grillo und Stronach auf einer Linie, wenn es geht die Schwachstellen des vereinten Europas zu kritisieren. Die jeweiligen Positionen sind aber diametral verschieden: Während das Team Stronach von einer nationsabhängigen Kaufkraft des Euro träumt (Ein Euro aus Österreich ist mehr Wert als ein Euro aus Rumänien) steht Grillo ganz offen dafür, dass Italien aus der Euro-Zone austritt, bevor man die Nation sowieso rauswirft. Der Grund: Europas Banken wollen noch von den rot-weiß-grünen Staatsanleihen profitieren, bevor sie Italien fallen lassen wie eine Kartoffel.

Nächste Folge: Eigentum ist Diebstahl! Analyse der letzten Kommunisten Europas